Himmlische Mythen


Vorträge

Referent: Klaus Reichold



Du Himmelsbaum auf Erden
Das Kreuz von Golgotha
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Helena, Mutter Kaiser Konstantins des Großen, scheint eine ungemein rüstige Dame gewesen zu sein: Laut der Legende reiste sie noch im stolzen Alter von 76 Jahren nach Jerusalem und fand an der Stelle der heutigen Grabeskirche das Kreuz Christi. Tatsächlich stießen Archäologen 1986 unter dem "Riesendom" auf eine antike Vorrichtung, die dem beliebten Hinrichtungsinstrument den nötigen Halt gegeben haben könnte. Allerdings ist nicht ganz klar, aus welchem Holz das Kreuz gezimmert war.



Lichtbild ohne Farben
Das Turiner Grabtuch
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Anno 1389 schäumte der Bischof von Troyes: Das Ganze sei ein billiger Schwindel, ein "listig bemaltes" Stück Stoff, von dem aus lauter Profitgier behauptet werde, es handle sich um das Grabtuch Jesu. 1988 gaben drei voneinander unabhängige Universitätslabore dem echauffierten Oberhirten Recht. Die angebliche "Reliquie des Herrn" könne nur im Mittelalter entstanden sein – und zwar in Europa. 1999 dagegen hieß es, die Pollen auf der Textilie verwiesen eindeutig nach Palästina. Handelt es sich womöglich um die erste "Photographie" der Weltgeschichte?     




Ich bin dunkel und schön
Die Schwarze Madonna
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Die Muttergottes, eine einfache Hausfrau aus Palästina, hat alle Hände voll zu tun: Sie fungiert in Personalunion als Patrona Bavariae, Königin von Polen, Schutzfrau Kataloniens und mehr. Da können magische Fähigkeiten nicht schaden. Wird sie deshalb in Altötting, Tschenstochau oder auf dem Montserrat als "Schwarze Madonna" gezeigt? Die Gelehrten sind sich nicht einig. Sie diskutieren unter anderem, ob in der "Jungfrau Maria" die Erinnerung an eine dunkelhäutige "Urmutter" fortlebt, die als Göttin der Geburt und des Todes verehrt wurde.     



Furiengleich zu Pferd
Die Jungfrau von Orléons
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Sie konnte weder lesen noch schreiben und war nach zeitgenössischen Berichten eine vorlaute Göre. Doch dank ihres enormen Sendungsbewusstseins schaffte sie das Unmögliche: In einer von Männern dominierten Welt hatte sie zeitweilig die Hosen an. Die Rache war fürchterlich: Am 30. Mai 1431 brannte die 19-jährige Bauerntochter in Rouen auf dem Scheiterhaufen. Zur Wiedergutmachung erklärte man sie zur Märtyrerin und sprach sie 1920 heilig. Ihre angeblichen Reliquien entpuppten sich allerdings als Überreste einer ägyptischen Mumie und einer Katze.



Martini, stell's Viech ini
Der heilige Martin
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Irgendwann zwischen 334 und 351, an einem strengen Wintertag, zog er am Stadttor von Amiens sein Schwert, teilte seinen mit Schaffell gefütterten Überwurf und schenkte die eine Hälfte einem frierenden Bettler. Der Mantel des heiligen Martin, lateinisch „cappa“ genannt, zählte später zu den kostbarsten Reliquien der fränkischen Könige. Er gab der „Kapelle“ und den „Kaplänen“ ihre Namen. Martin selber wurde zum christlichen Nachfolger des Kriegsgottes Mars – und zum Patron der Jahreswende. Denn um seinen Gedenktag fällt oft der erste Schnee.



Es kracht nund knallt die Welt mit G'walt
Das Jüngste Gericht
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Ende November erinnern die Kirchen an die „Letzten Dinge“: Die Protestanten feiern den Toten- oder Ewigkeitssonntag, die Katholiken das Christkönigsfest. Dahinter lauert das Grauen der Apokalypse: „Der Sonne Glanz verdunkelt ganz, / Der Mondschein: schwarz wie Mohren. / Das Meer – es saust, / es tobt, es braust. / Die Erde scheint verloren.“ Für Paare kann die Sache besonders dumm ausgehen: „Der Mann, zum Himmel auserkor’n, / Die Frau, der Höll' verfallen, / So hab’n die zwei sich schnell verlor’n. / Die Flüch' rundum erschallen.“



O du goldener Mann
Der heilige Nikolaus
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Der heilige Nikolaus kommt aus der heutigen Türkei. Dass sein Kult im Mittelalter über Italien nach Norddeutschland fand und insbesondere in den Hansestädten fröhliche Urständ feierte, spricht für die Integrationsfähigkeit des populären Gabenbringers. Er gilt bis heute als Patron der Händler und der Schiffsleute.
Dass er daneben auch für zweifelhaftes Gelichter zuständig ist, bewies schon im vergangenen Jahrhundert die Oberarm-Tätowierung eines Gauners aus Köln: „O Heiliger Sankt Nikolaus, schütz uns vor Polizei und Arbeitshaus!“



Habergeiß und Hahnengickerl
Spuk in der Adventszeit
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In den Wochen vor Weihnachten zieht nicht nur die „Wilde Jagd“ lärmend durch die Lüfte. Auch die Perchten, die „bluadige Luz“ und der „bluadige Dammerl“ treiben ihr Unwesen. Allerdings schwant den dämonischen Gestalten längst, dass ihre Tage gezählt sind. Denn in Betlehem steht eine schwangere Frau kurz vor der Niederkunft: „Des Kind aber, wann’s hergwachsn is, dermaln auf sei Zeit, werd aufstehn, kent a groß’s Liecht an, schlagt und verwirft uns in eins, nimmt uns die Gwalt, treibt und vertreibt uns in Unmacht.“


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