Radiosendungen

(Auswahl)



Das Geheimnis der Centurien
Zum 500. Geburtstag des Arztes und Astrologen  Michel de Nostredame

Buch: Klaus Reichold & Petra Raschke
Regie & Redaktion: Georg Impler
Länge: 60 Minuten
Bayerischer Rundfunk, 2003

Selbst um den toten Nostradamus ranken sich Legenden: Er soll stehend in der Kirchenmauer des Franziskanerklosters zu Salon in der Provence beerdigt worden sein – falls er überhaupt je gestorben ist. Denn eine andere Überlieferung weiß zu berichten, der berühmte Astrologe und Leibarzt des französischen Königs Karl IX. sitze bis heute mit Kerze, Feder, Tinte und Papier in seinem Grab und schreibe weiter über die Zukunft. Umstritten war der am 14. Dezember 1503 geborene Sohn einer zum Christentum übergetretenen jüdischen Familie schon zu Lebzeiten. Man zieh ihn einen »schlimmen Scharlatan« und »listenreichen Betrüger«. Doch er hatte auch Bewunderer: Katharina von Medici, Gemahlin des französischen Königs Heinrich II., ließ sich regelmäßig von ihm die Sterne deuten. Und für den späteren Kaiser Rudolf II. erstellte Nostradamus ein umfangreiches Geburtshoroskop, dessen Original heute in Augsburg aufbewahrt wird. In der schwäbischen Bischofsstadt lebte auch der wohlhabende Patrizier Hans Rosenberger, der zu den Klienten von Nostradamus zählte – und der Arzt Hieremias Martius, der wie Nostradamus in Montpellier Medizin studiert hatte. Martius übersetzte ein frühes Werk des Nostradamus ins Deutsche, nämlich seinen Wahrhaftigen, gründlichen und vollkommenen Bericht, wie man einen ungestalten Leib schön und junggeschaffen macht, wie man wohlriechende Wasser, Pulver sowie Seifen zubereitet und wie man allerlei Früchte auf das lieblichste in Zucker einkocht, um selbige haltbar zu machen. Berühmt geworden ist Nostradamus allerdings weniger als Arzt oder Verfasser von Rezeptbüchern, sondern als Autor der Centurien – einem gewichtigen Werk mit 942 »ewig dauernden Prophezeiungen bis ins Jahr 3797«. Die dunklen Andeutungen beschäftigen die Welt bis heute. War Nostradamus ein begnadeter Seher oder ein gewissenloser Blender? Was wissen wir überhaupt über sein Leben und Wirken? Die Sendung macht sich auf zu einer Spurensuche im Zwielicht von Mythos und historisch belegbarer Wirklichkeit.



Der brennende Salamander
Von der Suche der Alchemisten nach dem Stein der Weisen

Buch: Klaus Reichold
Regie & Redaktion: Georg Impler
Länge: 60 Minuten
Bayerischer Rundfunk, 2002

Es war in Staufen im Breisgau, in einer Nacht des Jahres 1540: Plötzlich erschütterte eine gewaltige Explosion das Gasthaus "Zum Löwen". Im dritten Stock, wo sich eine schillernde Gestalt eingemietet hatte, mußte Entsetzliches passiert sein. Doch erst am nächsten Tag faßte der Wirt den Mut, nachzusehen. Zwischen Splittern und Trümmern entdeckte er die gräßlich zugerichtete Leiche des zwielichtigen Gastes: den Kopf merkwürdig verdreht, Arme und Beine zerfetzt. Der Name des Toten: Johann Georg Faust. Schnell verbreitete sich das Gerücht, der Teufel habe den zauberkundigen Wundarzt und Goldmacher zerrissen, um sich seiner Seele zu bemächtigen. Tatsächlich aber dürfte das spektakuläre Ende des legendären Schwarzkünstlers, der zuvor schon in Bamberg, Eichstätt, Fürth, Ingolstadt und Würzburg für Furore gesorgt hatte, ein alchemistischer Betriebsunfall gewesen sein: Vermutlich hatte er bei der Suche nach einem Rezept zur Goldherstellung die falschen Ingredienzen gemischt und unbeabsichtigt eine todbringende Druckwelle ausgelöst. Freilich – Faust mag ein Scharlatan gewesen sein, ähnlich wie der Goldmacher Marco Bragadino, der 1591 auf dem Münchner Weinmarkt hingerichtet wurde, oder wie Caetano Ruggiero, der an einem mit Goldflitter beklebten Galgen endete, nachdem er nicht nur den ›blauen Kurfürsten‹ Max Emanuel, sondern auch König Friedrich I. von Preußen betrogen hatte. Tatsächlich aber ist die ernsthaft betriebene Alchemie alles andere als Beschiß und Spitzbuberei. Unter seriösen Vertretern dieser Wissenschaft galt die Arbeit im Laboratorium als zutiefst christliches Werk. Durch ihr Tun wollten sie nicht nur die Materie, sondern auch ihr eigenes Selbst aus dem unvollkommenen Zustand erlösen und zur Vollkommenheit zu führen. Auf dem Weg dazu sahen sie im ›Stein der Weisen‹, der freilich nie gefunden wurde, ein Symbol Christi. Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr ganz so verwunderlich, daß der zeitweilige Regensburger Bischof Albertus Magnus die frühesten deutschen alchemistischen Schriften verfaßt haben soll. Auch der Wittelsbachersproß Ottheinrich, der das Fürstentum Pfalz-Neuburg regierte und den Nachlaß des berühmten Arztes Paracelsus besaß, war ein großer Alchemist vor dem Herrn. Über Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Bernus läßt sich die Reihe der Alchemiebegeisterten bis in unsere Tage fortsetzen: Noch vor dreißig Jahren praktizierte Johann Reichardt, der wunderliche ›Goldmacher von Gunzenhausen‹. Das begehrteste Produkt seiner Alchemistenküche war das ›Drachenblut‹, ein hochprozentiger Likör mit ungeahnten Heilkräften.



Als Mann der Schrift  mußt du auch lügen
Bischof Otto von  Freising als Chronist seiner Zeit

Buch: Klaus Reichold
Regie & Redaktion: Georg Impler
Länge: 60 Minuten
Bayerischer Rundfunk, 2002

Der Bleisarg war in einem ziemlich ramponierten Zustand. Der Schädel fehlte. Erhalten hatten sich nur wenige Knochen. Auf dem Grabstein waren die schemenhaften Konturen eines Bischofsstabes eingeritzt, sonst nichts: kein Name, keine Lebensdaten. Erst eine Untersuchung im anthropologischen Labor des Naturhistorischen Museums in Wien ergab zweifelsfrei, daß die Gebeine von einem 40 bis 50 Jahre alten Mann stammen, der wegen seines gering ausgeprägten Muskelreliefs wahrscheinlich einer geistigen Tätigkeit nachging und im 12. Jahrhundert lebte. Damit war die Vermutung bestätigt: Es handelt sich wohl wirklich um die Gebeine Ottos von Freising, der 1158 im Alter von 46 Jahren gestorben war und schon zu Lebzeiten als bedeutendster Geschichtsschreiber des deutschen Mittelalters gegolten hatte. Zum Chronisten seiner Epoche war Otto von Freising prädestiniert wie kaum ein anderer: Markgraf Leopold III. von Österreich war sein Vater, König Konrad III. sein Halbbruder, Kaiser Friedrich I. Barbarossa sein Neffe. Otto kannte die politischen Ränkespiele aus eigener Anschauung – und er kannte die Welt: In Paris hatte er Theologie studiert, in Burgund als Zisterziensermönch gelebt. Nach Rom war er als Diplomat gekommen, nach Jerusalem als Teilnehmer des Zweiten Kreuzzugs. Seine Aufgaben als Freisinger Oberhirte verlor er trotzdem nie aus den Augen: Er reformierte die Domschule, raufte sich mit den Wittelsbachern, förderte die Seelsorge auf dem Land, berief die Augustinerchorherren nach Schlehdorf und die Prämonstratenser nach Schäftlarn. Zwischendurch verschwand er für Monate in seiner Studierstube. Dort schrieb er eine achtbändige Weltchronik mit dem Titel Historia de duabus civitatibus, später die Biographie seines Neffen Barbarossa, die Gesta Friderici. Beide Werke gelten als Höhepunkte mittelalterlicher Geschichtsschreibung – die Weltchronik wegen ihrer großartigen geschichtsphilosophischen Tiefe, die Biographie Barbarossas wegen ihrer unerreichten Authentizität. Neuerdings ist Otto von Freising sogar eine Romanfigur: Umberto Eco läßt den bayerischen Kirchenfürsten in seinem jüngsten Roman Baudolino als Lehrer des Titelhelden auftreten und legt ihm einen Satz in den Mund, der die vielleicht wichtigste Erkenntniss einer lebendig-erzählenden Geschichtsschreibung wiedergibt: »Willst Du ein Mann der Schrift werden, so muß Du auch lügen können«.


Das Gesetz, wonach du angetreten
Der Fürst, sein Astrologe und die Macht des Schicksals

Buch: Klaus Reichold
Regie & Redaktion: Georg Impler
Länge: 60 Minuten
Bayerischer Rundfunk, 2001

In der Nacht zum 26. Februar 1634 geschah in Eger ein grausiger Mord. Das Opfer: Albrecht von Wallenstein, der große Feldherr des Dreißigjährigen Krieges. Für Eingeweihte kam dieses Ende nicht überraschend: Schon 1608 hatte Johannes Kepler dem damals erst 25jährigen Edelmann »Waltstein« mitgeteilt, daß der Himmel für das Jahr 1634 »allerley graußame und erschröckliche Verwirrungen betreffs seyner Person« anzeige. Die ersten, die aus dem Lauf der Gestirne Rückschlüsse auf die Lebenswelt des Menschen zogen, waren die Menschen zwischen Euphrat und Tigris. Auf Tontafeln, die sie mit Keilschriftzeichen beschrieben, sind die frühesten astrologischen Prophezeiungen überliefert. Mit römischen Soldaten kam der Glaube an die Macht der Sterne auch nach Bayern: Im Grundstein der Doppelturmfassade von Kloster Niederaltaich findet sich ein Bauhoroskop, auf der Burg Trausnitz haben sich die Reste einer astrologischen Sonnenuhr erhalten. Daß die gelehrte Sterndeutung im christlichen Abendland überhaupt anerkannt war, ist Albertus Magnus zu verdanken, der um 1200 im bayerisch-schwäbischen Landstädtchen Lauingen geboren wurde. Seither vertrauten Herzöge und Kirchenfürsten, ja selbst Kaiser und Päpste auf Horoskope und astrologische Prophezeiungen. Erst die Aufklärung machte der gelehrten Sterndeutung den Garaus. Herabgewürdigt zu billiger Unterhaltung, verkommen zum Spielball von Dillettanten, profitgierigen Scharlatanen und gewissenlosen Zeitungsschreibern wartet sie bis heute auf ihre Rehabilitation – und auf einen Fürsprecher wie den Dichter Calderon de la Barca, der einst gesagt hat: »Wahn ist es, die Macht der Gestirne für unbesiegbar zu halten; Wahn aber auch, zu glauben, daß sie uns täuschen. Denn die Verhängnisse des Himmels, die einst auf azurnen Tafeln Gott mit seinen Fingern schrieb, täuschen nimmer, lügen nimmer.«


Solang‘ der Alte Peter
Die dramatische Geschichte des ältesten Münchner Gotteshauses

Buch: Klaus Reichold
Regie & Redaktion: Georg Impler
Länge: 60 Minuten
Bayerischer Rundfunk, 1999

Während der Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs erschütterten innerhalb weniger Monate vier gewaltige Detonationen den Alten Peter, die älteste Pfarrkirche Münchens: Erst stand die Turmbekrönung in Flammen, dann stürzten der Hochaltar und eine Chorwand ein. Anfang Januar 1945 tobte ein Feuersturm in der Kirche, sechs Wochen später wurde sie fast ganz zerstört. Brandkatastrophen hat der Alte Peter in seiner über 700jährigen Geschichte immer wieder erlebt. Doch jedesmal bauten ihn die Münchner Bürger wieder auf. Schließlich handelt es sich bei dem altehrwürdigen Gotteshaus am Petersbergl um ein Bauwerk, das wie kein anderes die Geschichte Münchens widerspiegelt: Von den Mönchen, die sich im Mittelalter an dieser Stelle niedergelassen hatten, soll die bayerische Landeshauptstadt ihren Namen haben – und von den Kellergewölben, die sich unter dem Kirchenschiff fanden, nimmt man an, daß sie auf eine noch weitgehend unerforschte römische Siedlung, auf ein antikes Ur-München hindeuten. Schließlich die Kirche selbst: Hier beteten schon Kaiserin Margarethe und Papst Pius VI., hier wirkte mit Erasmus Grasser, Jan Pollack, Egid Quirin Asam, Ignaz Günther, Johann Baptist Straub und Ludwig Schwanthaler die erste Riege bayerischer Künstler. Daneben wartet der Alte Peter, an dessen Turm ab 1371 die einzige öffentliche Uhr der Stadt angebracht war, mit Kuriosa auf: Unter seinen Pfarrherren tummelten sich illegitime Wittelsbacher – und im Turmstüberl war in unruhigen Zeiten für den Ernstfall ein Geschütz montiert. Nach den Bombardements des Zweiten Weltkriegs in jahrzehntelanger Arbeit mühsam rekonstruiert, soll im Jahr 2 000 mit der Wiederherstellung des Deckenfreskos der Wiederaufbau des Alten Peters abgeschlossen werden. Man hofft, daß dann wieder die Worte gelten, mit denen die Kirche 1734 von einem Jesuitenpater gerühmt wurde: »Sie ist alt, aber doch neu – und was kunnt es Bessers geben: Hoch in dem Alter seyn und dennoch frühlingsschön aussehen!«


Muspilli
Das Lied vom Untergang der Welt

Buch: Klaus Reichold
Regie & Redaktion: Georg Impler
Länge: 60 Minuten
Bayerischer Rundfunk, 1998

Im Abendland regierte die Angst: Anno 786 war »das Zeichen des Kreuzes in den Kleidern der Menschen erschienen, und Blut strömte aus Himmel und Erde, so daß große Furcht und heilloser Schrecken das Volk ergriff«, wie eine alte Quelle berichtet. Man rechnete mit dem Schlimmsten: mit dem baldigen Ende aller Tage. Kein Wunder, daß sich auch die Schriftsteller dem drohenden Weltuntergang widmeten – wie jener unbekannte Verfasser, der mit dem sogenannten Muspilli, einer endzeitlichen Dichtung von 103 Versen, nicht nur das verzweifeltste, sondern auch eines der frühesten Werke althochdeutscher Literatur geschaffen hat. Aufgeschrieben wurden die unheilschwangeren Zeilen wahrscheinlich in Regensburg, in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Doch was verbirgt sich hinter dem geheimnisvollen Rätselbegriff ›Muspilli‹? Eine übermächtige dämonische Gestalt? Ein Feuerriese? Oder das akpokalyptische Tier, das in der Offenbarung des Johannes die Zahl 666 trägt? Immer wieder gab es Berechnungen und Prophezeiungen, wann das Ende der Zeiten kommen werde. Doch schon im Matthäus-Evangelium heißt es: »Von dem Tage aber / und der Stund weiß niemand / auch die Engel nicht im Himmel«. Das ›Wann‹ bleibt also ungeklärt, nicht aber das ›Wie‹: Von den Schrecken der Apokalypse handeln zahlreiche alte Schriften, darunter das Lied vom End’ der Welt des Landsberger Jesuiten Sigismund Bachhammer, die Chronik Bischof Ottos von Freising und das Tegernseer Antichristspiel. Auch in zahlreichen bayerischen Sagen und Legenden ist der Untergang der Welt seit Jahrhunderten aktuell.

(siehe auch unter Bücher)

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